Der kleine Unterschied: fraueneinbindend vs. gendergerecht

Und wofür, um Himmels willen, soll das gut sein?

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Fühlen Sie sich manchmal auch etwas erschlagen ob all den Ausdrücken rund um gendersensible Sprache? Gender Gap, gendergerecht, geschlechtersensibel, Paarformen, Genderstern, blablabla? Ich nehme Sie heute gern an die Hand zu einer kleinen Führung durch die kleine Welt der fairen Sprache. So kompliziert ist es nämlich gar nicht. Sind Sie dabei?

Das Grundsätzliche zuerst

Unter dem Überbegriff der «gendersensiblen Sprache» werden die Ausdrücke «fraueneinbindend», «geschlechtsneutral» und «gendergerecht» meist Synonym verwendet. Sie tragen alle zu einer sprachlich besseren Abbildung der Wirklichkeit bei. Es gibt aber feine Unterschiede.

Geschlechtsneutrale Formulierungen

Geschlechtsneutrale Sprache basiert auf Ausdrücken, die keine Auskunft über das Geschlecht der Agierenden geben. Beispiele sind Lehrperson, Führungskraft oder Partizipien wie Studierende. Die Anwendung geschlechtsneutraler Ausdrücke ist ein praktikables Mittel zur Umgehung des generischen Maskulinums oder platzintensiver Doppelnennungen. Ihr Nachteil liegt in der eher unpersönlichen Wirkung.

«Wie wir sprechen und schreiben beeinflusst die Wahrnehmung unserer Realität und die unseres Umfelds.»

Asha Ospelt-Riederer – und viele andere Sprachexpert*innen

Fraueneinbindende Sprache

Fraueneinbindende Sprache verfolgt das Ziel, Frauen sichtbar zu machen. «Hundert Schriftsteller versammelten sich» sollte nur dann eine Überschrift sein, wenn tatsächlich ausschliesslich Männer anwesend waren. Wenn auch Frauen an der Versammlung teilnahmen, muss es korrekterweise heissen: «100 Schriftstellerinnen und Schriftsteller versammelten sich». Denn im Kopf der Leserinnen und Leser entsteht das Bild von anwesenden Schriftstellerinnen nur dann, wenn sie auch genannt werden. Fraueneinbindende Sprache ist der erste wichtige Schritt um Frauen sprachlich abzubilden. Weitere Möglichkeiten sind:

  • das Binnen-I (die SchriftstellerInnen)
  • der Schrägstrich (die Schriftsteller/innen)
  • das Ausrufezeichen (die Schriftsteller!innen)
  • das Trema (die Schriftstellerïnnen)
  • der Circumflex (die Schriftstellerînnen)
  • die Eins (die Schriftststeller1nnen)
  • das Fragezeichen (die Schriftsteller?nnen)

Aber es geht noch fairer.

Geschlechter- oder gendergerechte Sprache

Die deutsche Sprache kennt grundsätzlich nur zwei Geschlechter: Männer und Frauen. Menschen, deren Geschlechts- und Genderidentität nicht so eindeutig ist, werden in unserer Gesellschaft erst allmählich beachtet und wahrgenommen. Ein weiterer Schritt in Richtung echte Abbildung der Wirklichkeit ist es, auch sie in der Sprache sichtbar zu machen. Denn sprachliche Beachtung trägt auch zum Respekt gegenüber betroffenen Personen bei. Die momentan gängigsten Mittel zur Sichtbarmachung sind das Gendersternchen*, das Gender Gap _ und der Doppelpunkt:. Aus neutralen Studierenden werden dann Student*innen, Student_innen oder Student:innen.

Die Strahlen des Gendersternsternchens stehen symbolisch für alle möglichen unterschiedlichen Geschlechtsidentitäten. Mit dem Unterstrich symbolisiert das Gender Gap den Freiraum zur Entfaltung dieser Geschlechtsidentitäten, ähnlich beim Doppelpunkt. Alle drei Varianten drücken sprachlich die Gleichstellung von Männern, Frauen und aller Menschen zwischen den Geschlechtern aus. Gendergerechte Schreibweisen bilden Vielfalt ab, weichen traditionelle Vorstellungen von Geschlechterrollen auf und tragen zu einer inklusiven Sprache bei.

Kurz und gut

Und jetzt, nach diesem Kurztrip durch die Welt der fairen Sprache: Welche der drei Varianten sagt Ihnen am meisten zu?

  • fraueneinbindend
  • geschlechtsneutral
  • gendergerecht

Denn egal, ob Sie «schon» einwandfrei gendergerecht kommunizieren oder sich «erst» darauf konzentrieren, fraueneinbindend oder geschlechtsneutral zu sprechen und zu schreiben: Seien Sie sicher, dass das ganz viele Menschen zu schätzen wissen und dass Ihr sprachlicher Beitrag die Welt ein bisschen fairer macht.